Stasi-Unterlagen-Behörde räumt Fehler ein

In seiner zurückgezogenen Biographie von Elisabeth Noelle-Neumann führte Jörg Becker aus, die Stasi-Unterlagen-Behörde – offizieller Name: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik – habe ihm 2011 und 2012 mitgeteilt,

dass Elisabeth Noelle-Neumann in den erschlossenen MfS-Akten nicht erfasst war, und insofern auch keine Unterlagen zu ihr aufgefunden werden konnten.

Becker leitete aus dieser Auskunft ab, dass Elisabeth Noelle-Neumann in diesem Zusammenhang „durchaus paranoid“ gewesen sei.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2016 an die Kanzlei Höcker hat die Stasi-Unterlagen-Behörde nun eingeräumt, Becker seinerzeit eine Falschauskunft erteilt zu haben, da es in Wahrheit Stasi-Akten zu Elisabeth Noelle-Neumann gibt.

Zur Falschauskunft nimmt die Behörde im erwähnten Schreiben wie folgt Stellung:

Diese Auskunft (an Jörg Becker) ist allerdings nicht nachvollziehbar, denn nach den mir vorliegenden Erkenntnissen wurden im Zusammenhang mit dieser Nachfrage die bis dahin behördenintern vorliegenden Rechercheergebnisse miteinander abgeglichen. Es bestand somit zu diesem Zeitpunkt Kenntnis darüber, dass zu Frau Prof. Dr. Elisabeth Noelle-Neumann Unterlagen vorhanden sind. Warum dennoch die Auskunft erfolgte, sie sei in den Karteien des MfS nicht erfasst und es lägen keine Unterlagen zu ihr vor, ist nicht zu rekonstruieren. Hier muss insoweit leider ein Bearbeitungsfehler seitens des BStU festgestellt und eingeräumt werden.

Das Thema wird auch weiterhin interessant bleiben, denn bisher konnten nur wenige Stasi-Unterlagen zu Elisabeth Noelle-Neumann gefunden werden. Eine Reihe von anderen Belegen und Indizien weisen jedoch darauf hin, dass die Stasi Elisabeth Noelle-Neumann beschattete – und sich damit wohl nicht begnügte. Zur eigenen Aktenlage merkte die Stasi-Unterlagen-Behörde in einem Schreiben vom 28. Januar 2016 an die Kanzlei Höcker an:

Bis zur Übernahme der Unterlagen durch meine Behörde am 3. Oktober 1990 kam es im Zuge der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und des Amtes für nationale Sicherheit (AfNS) zur Vernichtung von Unterlagen.

Wie es alten Stasi-Seilschaften nach dem Fall der Mauer gelang, umfangreiche Aktenbestände der Kontrolle der Bürger zu entziehen und zu vernichten, wird ausführlich im FAZ-Artikel „Wie eine Schlange, die die Haut wechselt“ von Klaus Bästlein dargestellt.

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